Kaffeekränzchen unter Literatinnen
Grundgedanken und Prota
Auch wenn der Klappentext etwas anderes vermuten mag, ist Die Kunst, Champagner zu trinken mal wieder einer von Nothombs Romanen, die vor allem ihre eigene Welt und ihre Erfahrungen in den Fokus nimmt. Ähnliches hat man beispielsweise bereits bei Mit Staunen und Zittern dargestellt bekommen, in dem sie ihre Zeit als Praktikantin in Japan offenbarte. Im vorliegenden Roman geht es aber nicht so sehr um das kulturelle Missverständnis zweier Welten, sondern um einen privat anmutenden Einblick in Nothombs Leben in Europa, in dem sie sich nichts sehnlicher wünscht, als eine Frau zum ausgiebigen Champagner-Konsum und Reflexion ihres Alltags.
Die Protagonistin ist hierbei Amélie Nothomb selbst, die auch so namentlich von einer anderen Figur genannt wird, und eine Beschreibung des Charakters gestaltet sich schwierig, da nicht immer ganz klar ist, ob die erzählten Erlebnisse wirklich rein biografischer Natur sind oder ob nicht auch manche Situationen der völligen Fiktion entstammen. Auffällig ist jedoch, dass der von Nothombs anderen Romanen bekannte Wortwitz und eine gewisse Leichtigkeit ebenfalls Einzug in die Berichte dieser Suche nach einer Gleichgesinnten gefunden haben. Auch ist eine grundlegende Sympathie für die Erzählerin nicht abzusprechen, selbst wenn manche ihrer Äußerungen den Grad zum Snobismus überschreiten mögen. Als Gegengewicht fungiert hier hervorragend die ebenso sympathische Pétronille Fanto, in Wahrheit vermutlich ein Bezug auf die Autorin Stéphanie Hochet, die mit ihrer proletarischen Art immer wieder für eine wohltuende Erdung sorgt.
Struktur und Fokus
Der Roman ist in seiner Struktur simpel gehalten: abgesehen von einem kurzen Zeitsprung zu Beginn, der eine Vorgeschichte erläutert, und einigen Zeitauslassungen im weiteren Verlauf, ist die Erzählung stringent. Stets folgt man Nothomb auf ihrer Reise der Annäherung mit ihrer Trinkfreundin und immer wieder werden einzelne Stationen eben jenes Prozesses anhand einer oder zweier Situationen dargestellt. Meist fungieren neue Veröffentlichungen von Fanto als Auslöser für eine neuen Episode dieser Freundschaft.
Sprache
Ähnlich wie bereits bei Mit Staunen und Zittern zu beobachten, ist die Sprache in diesem Roman eher zielgerichtet als voller Esprit, wie man es eher von Nothomb gewohnt ist. Die deutliche Verwurzelung in reale Begebenheiten sind auf inhaltlicher Ebene zwar durchaus interessant, aber es ist auffällig, wie die Unterhaltungen einen realistischeren und beiläufigeren Charakter als die Figuren in Nothombs anderen Romanen besitzen. Es liegt eben ein deutlicher Fokus auf der Darstellung der Ereignisse und nicht so sehr darauf, sprachlich zu überzeugen. Hierdurch ist zwar das sonst hohe sprachliche Niveau reduziert, kann jedoch trotzdem eine Sprache bieten, die zu Gefallen weiß. Klagen auf hohem Niveau könnte man meinen.
Lesegefühl
So interessant die Interaktion zwischen zwei Autorinnen auch sein mag, krankt die Leser-Roman-Beziehung vor allem an der falschen Erwartungshaltung: heißt es im Klappentext, dass zwei Schriftstellerinnen miteinander agieren, hätte erwähnt werden sollen, dass es sich hierbei nicht um Fiktion, sondern um ein beinahe autobiografisches Werk handelt. Wer also darauf wartet, ausgedachte Figuren so wunderbar miteinander agieren zu sehen, wie man es von Nothomb gewohnt ist, wird eine Enttäuschung erfahren, da die Autorin mit Die Kunst, Champagner zu trinken eine eigene Lebensepisode darstellt, die mit der Suche nach einer Trinkfreundin begann und mit einer Seelengefährtin endet.
Dies ist zwar durchaus unterhaltsam erzählt, insbesondere in einigen skurrilen Momenten, die von ihrer Überraschung leben, aber auch die Dialoge zwischen dem ungleichen Freundschaftspaar sind lebendig genug, um weiterlesen zu wollen. Problematisch gestalten sich die Zeitsprünge und Lobhudeleien über Romane, die weder inhaltlich noch auf erzählerischer Ebene etwas beitragen. Im Gegenteil: sie wirken befremdlich und erscheinen fast wie Werbung, was in einem Roman dieser Güte wenig Raum finden sollte. Gleichermaßen ist nicht ersichtlich, warum dieses Buch geschrieben wurde, da es als autobiografisches Werk zwar Einblicke in Nothombs Leben gibt, doch durch die starke Fokussierung auf ihre Freundschaft mit Pétronille Fanto zu wenig von ihrem restlichen Leben offenbart. Gleichzeitig ist die Trennung zwischen realen Erlebnissen und Fiktion nicht ausgeprägt, sodass sich zusätzlich kaum eine andere Ebene eröffnet als Zeuge dieses Lebensabschnitts zu werden.
Nothombs Werk ist somit zwar ein durchaus unterhaltsames, kurzes Vergnügen, dem es aber an erinnerungswürdigen Handlungen und Figuren fehlt, und Leser trotz einer sprachlichen Qualität vor allem mit der Frage zurücklässt, was einem die Lektüre gebracht hat. Sie ist im besten und schlechtesten Sinne nett, mehr aber auch nicht.
Bewertung: 3/5
Buchdetails
Taschenbuch: 144 Seiten
Verlag: Diogenes; Auflage: 1 (23. August 2017)
Sprache: Deutsch
Übersetzerin: Brigitte Große
ISBN-10: 3257244169
ISBN-13: 978-3257244168
Originaltitel: Pétronille
Größe und/oder Gewicht: 11,1 x 1,5 x 18 cm
Klappentext: „Zwei Schriftstellerinnen, eine Leidenschaft: Amélie und Pétronille suchen den Rausch – in der Literatur und im Champagner. In Paris besuchen sie eine Degustation im Ritz, sie feiern in London und in den Alpen. Doch es gibt Dämonen, die sich auch im besten Schaumwein nicht ertränken lassen. Ein spritziger Roman über die Trunkenheit – und eine Ode an die Freundschaft.“
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