Das Autorenleben ist nicht immer so leicht, wie es für Außenstehende erscheint: Für Nicht-AutorInnen mag es wirken, als würden wir einfach einige Worte aneinanderreihen und mit völligem Selbstbewusstsein Fiktives erschaffen. AutorInnen aber kennen einen mal kleinen, mal bergisch-großen Teufel, der nur auf seine Chance wartet: den Selbstzweifel. Ein Gefühl, das einen beschleicht, wenn man sich das Geschriebene noch einmal ansieht und sich ein Satz, ein Absatz, eine Seite, ein ganzes Kapitel oder eine komplette Handlung plötzlich nicht mehr richtig anfühlt.
Dieser Eindruck ist vielen, wenn nicht gar allen, unserer Zunft sehr vertraut. Während des Schreibens mögen die Worte noch gut gewirkt haben und vielleicht war man sogar ein bisschen glücklich über die eigene Leistung. Kurz darauf aber schlägt der Selbstzweifel-Hammer zu und man möchte am liebsten alles löschen. Eine Welle der Unzufriedenheit rauscht über Schreibende und man versucht verzweifelt, diesen Massen standzuhalten. Ein Unterfangen, das viel Kraft kosten und bei zu hohem Wellengang sogar dafür sorgen kann, dass die eigene Schreibmotivation ertrinkt.
Um dieser Berufskrankheit mutig entgegen treten zu können und die Schreiblust zu bewahren, sollen die folgenden Tipps einige Ansatzpunkte bieten.
Viel Vergnügen!
1.Du bist nicht allein!
In erster Linie ist es wichtig, Selbstzweifel nicht als ein exklusives Problem zu sehen, weil nur man selbst angeblich schlecht schreiben würde. Ausnahmslos jeder Autor und jede Autorin ist mindestens einmal in Berührung mit diesem Biest gekommen, das Selbstvertrauen raubt und quälende Fragen zurücklässt. Jeder kennt das Gefühl, dass ein Text auf einmal den eigenen Ansprüchen nicht mehr genügt. Der Unterschied ist nur: Es reden nicht alle gerne darüber. Trotzdem bist du nicht allein. Wir alle leiden mal mehr, mal weniger unter Selbstzweifel und wir alle versuchen damit umzugehen. Fühl dich nicht minderwertig als SchreiberIn, denn das würde nur noch mehr Stress bringen und eine Kette an negativen Gedanken in Gang setzen, die letztendlich nur zu einer Sache führen würde: dass du den Spaß am Schreiben verlierst. Und damit wäre niemandem geholfen, oder?
2. Schäme dich nicht für die Zweifel an dir selbst!
Gerade weil man eben nicht alleine an diesem Problem leidet und Schwierigkeiten mit der Zufriedenheit mit dem eigenen Text empfindet, ist es ratsam, keine Scham für eben jene Selbstzweifel zu empfinden. Auch wenn die Twitter-/Facebook-Timeline der Kolleginnen und Kollegen voll mit Jubelarien ist, wie wunderbar die Schreibprozesse laufen, seid euch sicher, dass auch deren Unsicherheit immer wieder einmal vorhanden ist. Es ist empfehlenswert, existierende Selbstzweifel in gewissem Maße zu akzeptieren und mit ihnen zu wachsen. Nur so kann man den Druck auf sich selbst etwas verringern und sich mehr entspannen. Wer vor Angst und negativem Kopfkino verkrampft, wird nur beschwerlich Freude beim Schreiben empfinden und macht es fast unmöglich, den eigenen Qualitätsansprüchen zu genügen.
Man sollte die innere Scham ablegen und sich eher aktiv mit diesen Zweifeln auseinandersetzen. Es ist immerhin nicht verwerflich, verunsichert zu sein. Einzig allein der Umgang mit diesem Problem ist das Entscheidende. Hierzu kann es auch helfen, in eben jenen sozialen Netzwerken offen darüber zu sprechen, dass man gerade an sich und den eigenen Fähigkeiten zweifelt. Auf diese Weise kann man auf das Problem aufmerksam machen und wird zwangsläufig Interaktionen bekommen, die von ähnlichen Erfahrungen berichten oder einen aufbauen wollen. Beides ist sehr hilfreich, um die Scham vor den Zweifeln abzulegen.
3. Vergleiche dich nicht zu sehr mit anderen!
Auch wenn der Gedanke verständlich ist, wenn man Bücher von KollegInnen liest und dabei den Wunsch entwickelt, ebenfalls so schreiben zu können, bürgt er doch eine Menge Unglück: Es wird niemals gelingen, den Schreibstil von anderen AutorInnen eins zu eins zu kopieren und es sollte auch nicht das Ziel sein, den bereits ausgetretenen Geschichtenpfaden von anderen Menschen nachzulaufen, in der bloßen Hoffnung eine Ähnliches zu erreichen. Zum einen wollen LeserInnen nicht die B-Ware von bereits existierenden AutorInnen und ihren Büchern, sondern Originalität und Eigenständigkeit. Zum anderen setzt man sich durch zu intensive Vergleiche selbst unter Druck, so zu sein wie andere und da das, wie erwähnt, unmöglich ist, begibt man sich bereits von Anfang an auf eine Mission, die nur ins Scheitern führen kann. Stimmen, die immer wieder rufen, dass man das Ziel nicht erreicht hat und niemals erreichen wird, sind die Folge und saugen einem die Kraft und das Selbstvertrauen nur so aus wie eine aufwendige App den Handy-Akku.
Es spricht nichts dagegen, mal über den Tellerrand zu schauen und auch die Qualität von anderen AutorInnen zu bewundern, ist völlig in Ordnung. Jedoch sollte man stark darauf achten, die Eigenständigkeit zu bewahren und den Wert der eigenen Fähigkeiten im Hinterkopf zu besitzen. Anstatt sich zu denken „ich kann nie so schreiben wie die“ sollte man eher den folgenden Gedanken im Kopf und Herzen tragen: „niemand wird so schreiben können wie ich“ und genau darin liegt deine Stärke!
4. Selbstzweifel & Qualität
Eine der tückischsten Eigenschaften von Selbstzweifeln ist, dass sie AutorInnen weiß machen wollen, dass das Geschriebene nicht gut genug ist. Man liest die Sätze, die man zuvor noch wunderbar fand und hat auf einmal den Eindruck, nicht mal ansatzweise das erfüllt zu haben, was man sich selbst vornahm. Dabei ist das Paradoxe, dass Selbstzweifel zu besitzen weder etwas über die Qualität der eigenen Schreibprozesse noch über Ideen oder Charaktere aussagt. Selbst wenn man etwas Brillantes erschaffen hat und man von allen Seiten dafür gelobt werden würde, existieren trotzdem die kleinen Teufel und nagen an einem, flüstern unliebsame Fragen ins Ohr und wollen madig machen, was man bisher erreicht hat.
Selbstzweifel zu haben ist kein Indikator, dass man schlecht schreibt, sondern einzig und allein dafür, dass man hohe Ansprüche besitzt und den Druck spürt, den zukünftigen LeserInnen die bestmögliche Geschichte zu erzählen. So kräfteaussaugend die Zweifel auch sein mögen, zeigen sie nur, dass man mit dem Herzen an dem eigenen Projekt hängt und das maximale Können zeigen will. Daher stufe dich nicht herab oder fühle dich schlecht dafür, überhaupt Selbstzweifel zu haben.
5. Kontrolliere und justiere deine Erwartungen!
Auch wenn die Zweifel kein Zeichen von mangelnder Qualität der AutorInnen sein muss, kann man jedoch selbst einen Teil der Verantwortung dafür tragen, dass überhaupt gezweifelt wird: steckt man sich die Ziele viel zu hoch und will möglicherweise das beste Werk verfassen, das je in der eigenen Sprache geschrieben wurde oder man lädt sich im Bereich der Handlung zu viele, die eigenen Fertigkeiten übersteigende Themen und Vorgehensweisen auf, sind Selbstzweifel automatisch die Folge. Wer ständig nur nach dem Maximalen strebt, ohne das bisher Erreichte wertzuschätzen, wird dauerhaft Schwierigkeiten damit bekommen, Zufriedenheit mit der eigenen Leistung zu empfinden, und schafft so den perfekten Nährboden für die Stimmen, die behaupten, man könne nichts und das Geschriebene sei furchtbar. Man scheitert hierdurch schlichtweg an den eigenen, viel zu hohen Ansprüchen.
Erstrebenswert wäre es deswegen, nicht direkt z.B. den neuen Faust, Harry Potter oder Der dunkle Turm schreiben zu wollen, sondern sich kleinere Ziele zu setzen und mit der eigenen Arbeit zu wachsen. Erreicht man die Etappenziele, erfolgt eine Bestätigung der eigenen Fähigkeiten und so kann man die eigenen Ansprüche stetig steigern, ohne sich selbst die Motivation zu kosten. Gleichzeitig verhindert man so die Möglichkeit, von Selbstzweifeln zerfressen zu werden, weil man den Fortschritt sieht und mit der Arbeit leichter zufrieden ist, ohne dass sie qualitativ an Wert verliert.
6. Finde die Gründe für die Unsicherheit!
Um die Zweifel an sich selbst aktiv bekämpfen zu können, muss man sich bewusst machen, woher die Verunsicherung eigentlich rührt. Hierzu ist es von Nöten, in sich hinein zu hören und einmal nicht nur die inneren, allgemeinen Vorwürfe zu beachten, wertlose Arbeit geleistet zu haben, sondern einzelne Kritikpunkte herauszuhören, kurz gesagt: was genau soll denn angeblich so schlecht sein? Sind es Lücken in der Geschichten, sind Charaktere nicht gut genug ausgearbeitet, gibt es sprachliche Probleme, Verknüpfungsfehler, fehlen die Emotionen und Spannung oder ergeben die Handlungsweisen der Charaktere keinen Sinn? Die Gründe für Kritik können mannigfaltig sein, aber nur wenn man selbst weiß, was genau das Problem sein soll, kann man diesen Selbstzweifel überprüfen. Hieraus ergeben sich zwei Folgen: entweder war der Zweifel berechtigt und man verbessert sein eigenes Werk oder der Selbstzweifel wird entschärft und löst sich damit in Luft auf. Daher horcht in euch hinein und ergründet, warum ihr zweifelt! Es lohnt sich!
7. Halte Selbstzweifel im Zaum!
Die eben angeführte Auflistung möglicher Probleme innerhalb des eigenen Textes hat bereits eines gezeigt: kommt man einmal ins Rollen, findet man an allen Ecken und Enden mögliche Kritikpunkte. Würde man sich wirklich nur für einen kurzen Moment hinterfragen, ob zum Beispiel die Verknüpfungen innerhalb eines Textes passen, wäre die Unsicherheit kein großes Problem. Leider sind Selbstzweifel aber eher wie eine Schleuse, die, sobald man sie auch nur ein Stück öffnet, aufspringt und Massen an Fragen ins Bewusstsein spült.
Das gilt es zu verhindern!
Selbstzweifel können gemeine kleine Gremlins sein, die einem auf der Nase herumtanzen wollen und so jedweden Stolz auf die eigene Arbeit zunichte machen. Werdet euch ganz bewusst, wovor ihr euch fürchtet, welche Kritik ihr in einem Text für möglich haltet, was Missfallen kann und schreibt das auf. Überprüft diese Punkte mehrmals während des Schreib- und Überarbeitungsprozesses und versucht dieser Kritik keine Nahrung zu geben. Alle anderen spontanen Stimmen, die hier und da noch in eurem Innersten zu meckern anfangen, solltet ihr unter Verschluss halten. Selbstzweifel darf man sich nicht verselbstständigen lassen, sonst lassen sie euch nicht mehr in Ruhe und lähmen den eigenen Schreibantrieb. Irgendwann würde man nämlich sogar am Beherrschen der eigenen Sprache zweifeln und man nähert sich gefährlich nahe einer Schreibblockade auf Basis des Gefühls eigenen Unvermögens. Verschont euch selbst vor diesem Unglück!
8. Reflektiere mittels TestleserInnen!
Hat man die Quelle für die eigene Unsicherheit ausgemacht und weiß, was potentiell störend sein könnte, beziehungsweise worum man sich sorgt, sollte man den eigenen Text so überarbeiten, bis man mit dem Ergebnis zufrieden ist. Da die Selbstzweifel dann aber meist noch nicht verstummt sein werden, folgt ein Schritt, der viele AutorInnen Überwindung kostet: teilt eurer Material mit ehrlichen Menschen, denen ihr vertraut oder deren Meinung ihr schätzt. Es ist klar, dass dies einer Schocktherapie gleichkommt, speziell weil Selbstzweifel auf der Angst basieren, sich lächerlich zu machen und Ansprüchen nicht zu genügen. Dennoch ist dieser Schritt notwendig, denn ab einem gewissen Punkt ist man als SchriftstellerIn betriebsblind und wenn man sich über Wochen und Monate hinweg mit der inneren Kritik auseinandergesetzt hat, ist man ausgelaugt. Da schaden keine neutrale Sichtweisen!
Man sollte deshalb entweder den ganzen Text oder zumindest fragwürdige Textstellen an vertraute TestleserInnen geben, sie in Ruhe lesen lassen und dann ein Gespräch suchen, indem man eine allgemeine Rückmeldung bekommt. Danach sollte man die eigenen Zweifel ansprechen und den Testleser um eine Meinung bitten, ob diese Unsicherheit berechtigt war oder nicht. In diesen Momenten wird man zwar innerlich tausend Tode sterben, aber sie helfen in einem von zwei Wegen: entweder man kann den eigenen Text noch verbessern und von der Kritik lernen oder man erfährt, dass alle Selbstzweifel überflüssig waren und kann die kleinen Teufel erstmal wieder in den Schrank sperren.
9. Lerne von früheren Selbstzweifeln!
Die Rückmeldung der Testleser kam, man hat als AutorIn nun einen Hinweis darauf, welche der Selbstzweifel angemessen waren, welche Kritikpunkte man noch hätte anbringen können und kann die eigene Problem-Liste aktualisieren. Das mag an sich noch keine Hilfe sein, aber für die Zukunft ist ein solcher Erfahrungsschatz besonders wertvoll: Beim nächsten Werk kann man sich bereits vorher in Erinnerung rufen, welche Schwierigkeiten auftraten und welche Veränderungen getroffen werden mussten, um ein zufriedenstellendes Werk abzuliefern. Ist man sich der eigenen Schwachstellen bewusst, kann man dagegen vorgehen und sich verbessern. Auf diese Art und Weise reduziert man die Häufigkeit der Besuche zukünftiger, quälender Selbstzweifel, indem man den nächsten Text oder das nächste Buch in dem Bewusstsein um seine eigenen Schwächen vorbereitet, konzipiert und schreibt.
10. Kenne deine Stärken!
Die Grundlage für den letzten Tipp umfasst eine simple Aufforderung: verabschiede dich von der Idee perfekt zu sein. Menschen machen Fehler, nicht alles kann immer zu 100 Prozent gelingen und auch wenn die Selbstzweifel an einem wie schwere Gewichte hängen, kann man neue Höhen der eigenen Schaffenskraft nur erreichen, indem man diese Ketten sprengt. Hierfür ist es essentiell, sich den eigenen Stärken bewusst zu werden, da sie jedem von uns Auftrieb geben. Es ist daher empfehlenswert, nicht nur über die Selbstzweifeln, sondern auch über das eigene Schreiben und dem eigenen Können als SchriftstellerIn zu reflektieren. Man sollte am besten alle positiven Dinge aufzuschreiben, die einem über sich selbst, den eigenen Geschichten, sowie dem eigenen Schreibstil einfallen und sich diese Liste immer wieder in Erinnerungen zu rufen. So schafft man ein gutes Gegenwicht, das genug Selbstvertrauen in die eigene Leistung bietet, genug Licht gegen die Schatten des Selbstzweifels.
Schlussendlich muss eines klar sein: AutorInnen sind keine Fabriken, die Wörter am Fließband in völliger Emotionslosigkeit herstellen. Wir arbeiten Tagesform-abhängig und haben eine enge Bindung zu dem, was wir da produzieren. Daher bedeutet uns das Endergebnis und die Meinung anderer darüber auch so viel. Texte und Bücher sind, in dieser Hinsicht, unsere Kinder, die wir herangezogen und beim Aufwachsen begleitet haben. Der Gedanke, sie frei in die Welt zu lassen, kann beängstigend sein und wir fragen uns ständig, ob sie gut auf die Welt da draußen vorbereitet sind, ob wir ihnen alles Wichtige mitgegeben haben. Aufwühlende Fragen kommen auf, die wir nur dadurch besänftigen, in dem wir auf unser Können vertrauen und uns vor Augen führen, was wir zu leisten im Stande sind. Nur so kriegen wir die Selbstzweifel in den Griff und können uns auf das konzentrieren, was wir lieben: das Schreiben.
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