Mitten ins Schwarze
Disclaimer: Aufgrund der außergewöhnlichen Struktur und Inhalts dieses Buches, wird die folgende Rezension nicht den üblichen Kategorien folgen.
Paulo Coelho hat mit “Der Weg des Bogens” einen Weg beschritten, von dem selbst der Verlag nicht wirklich zu wissen scheint, wie sie das daraus entstandene Werk betiteln sollen. Der Diogenes Verlag, sonst bekannt und geschätzt dafür, bereits unten auf dem Cover die literarische Gattung zu verewigen, um LeserInnen einen Einstieg zu ermöglichen, hat dieses Mal nur den eigenen Verlagsnamen aufgeboten. Das lässt insofern aufhorchen und würde man nicht zu Beginn durch das Buch blättern, könnte diese Entscheidung auf Unverständnis stoßen. Doch beginnt man zu lesen, bleibt einem nichts anderes übrig als der Ratlosigkeit des Verlags zu folgen: Der Weg des Bogens ist vieles, aber während es zu erzählerisch-klein ist, um es als Prosa zu bezeichnen, ist es zu groß für literarische Schubladen.
Doch der Reihe nach: die ersten Seiten beginnen mit einer kurzen Einführung, einer Art Prolog, in der ein alter Meisterschütze auf einen Herausforderer trifft, der wiederum nur durch die Hilfe eines Jungen den Schützen finden konnte. Kurz darauf wird der Meisterschütze gebeten, den Jungen in die Geheimnisse des Bogenschießens einzuführen und dies markiert den wirklichen Hauptteil dieses Buches.
Nach und nach eröffnet sich jede kleinste Ebene des Bogenschießens — von der Position über Haltung bis hin zur Beziehung zum Pfeil — und während eine Lesart ist, dieses Werk als eine bloße Anleitung wahrzunehmen, die spirituellen Charakter besitzt, ist die deutlich fruchtbarere Interpretation, diese Anweisungen als parabeleskes Sammelsurium zu sehen. Jede dieser kurzen, meist nur 1-2 Seiten und beinahe Psalm-artigen Gedanken rund um die Elemente des Bogenschießens, der Schützen und deren Verschmelzung sind in Wahrheit Gleichnisse, die von Lesern erwarten, aus dem sportlichen Kontext genommen und ins eigene Leben übertragen zu werden.
Es ist hierbei erstaunlich, wie vielseitig die Übertragungsmöglichkeiten sind, denn sowohl AutorInnen werden in der Lage sein, Teile ihrer Arbeit in den Weisheiten des Meisterbogenschützen zu finden, als auch jede andere Berufsgruppierung. Coelho hat mit Der Weg des Bogens ein Werk geschaffen, dass durch verschiedene Leben diffusioniert als wären es Membranen, die unmittelbar nebeneinander liegen: Kleinste Satzmoleküle durchstoßen den Kontext der Sportart und dringen in das Sein der Leser ein, um sich dort zu verselbstständigen und einen Bund mit den eigenen Erfahrungen und Wirklichkeiten einzugehen.
Diese herausfordernde Lesart dieses Buches verlangt von Lesern, sich die Bedeutung der einzelnen Etappen des Bogenschießens selber zu erarbeiten. Hierzu muss man bereit sein, denn nimmt man die rund 60-70 mit Text bedruckten Seiten wirklich nur als spirituell angehauchte Erklärung der Faszination und der Gedankenwelt eines Sportes, wird man nur wenig Freude empfinden. Der Stoff selbst ist erzählerisch dazu schlichtweg kaum existent und auch die einzelnen Kapitel, sofern man sie so nennen mag, bieten inhaltlich nicht genug, was den Geist längere Zeit fesseln kann
Wer sich allerdings auf die Art dieses Buches einlassen kann, wird mit einer Tiefebelohnt, die ähnlich ins Schwarze treffen wird, wie es die hervorragenden Zeichnungen tun, die jedes Superlativ dieser Welt verdienen würden. Der Weg des Bogens ist ein friedliches Buch trotz seiner durchbohrenden Thematik und doch wird es zu einem Trubel im heimischen Kopf führen, um die Bedeutung jedes Abschnittes für sich selbst und dem eigenen Leben erfassen zu können. Es ist ein Werk, das von Lesern Eigeninitiative erwartet und auch wenn nicht jede Interpretationsebene pfeilschnell ins Bewusstsein schießen wird, ist die Belohnung vor allem in der Erfahrung mit sich selbst zu finden.
Bewertung: 4/5
Buchdetails
Gebundene Ausgabe: 160 Seiten
Verlag: Diogenes; Auflage: 1 (27. September 2017)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3257069480
ISBN-13: 978-3257069488
Originaltitel: O caminho do arco
Größe und/oder Gewicht: 10,1 x 1,7 x 16 cm
Klappentext:
„Tsetsuya ist der beste Bogenschütze des Landes. Er lebt als Tischler in einem abgelegenen Tal. Als ein ehrgeiziger anderer Bogenschütze ihn aufspürt und sich mit ihm messen will, stellt er sich der Herausforderung. Doch seine Lehren gibt er nicht an ihn, sondern an einen einfachen Jungen in seinem Dorf weiter.“
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