Immer wieder mal wird die Literaturbranche von einem kleinen Aufschrei aufgerüttelt, da erneut ein Autor oder eine Autorin des Abschreibens überführt wurde. Regelmäßig entstehen dann Diskussionen darüber, ab wann man von einem Plagiat sprechen kann, wie sehr sie zu verurteilen sind und wie Verlage darauf reagieren, dass AutorInnen des eigenen Hauses plagiiert haben. Letztendlich entpuppen sich viele dieser Diskussionen als Stürmchen in Wassergläsern und meist ist nach wenigen Tagen bereits keine Rede mehr davon, das eigentliche Problem tritt in den Hintergrund und das Thema “Plagiate” verschwindet aus der literarischen Debatte.

Dieser Blogbeitrag soll nun einmal einen genaueren Blick auf die Literaturszene und ihr Verhalten im Umgang mit Plagiaten werfen. Hierzu wird zu Beginn geklärt, was unter einem Plagiat zu verstehen ist, gefolgt von einer Auflistung unterschiedlicher Elemente des Literaturbetriebs, die Plagiate tolerieren und durch ihren Umgang damit teilweise sogar verharmlosen. Anschließend erfolgt eine Auflistung an Gründen, warum genau dies ein Problem darstellt und wie man eher verfahren sollte.

Disclaimer: Im Gegensatz zu denen, die sich schamlos bei anderen AutorInnen bedienen, wird es in diesem Blogbeitrag zu namentlichen Nennungen in Verbindung mit Stellungnahmen kommen, die stets mit Quellen nachgewiesen werden.

Viel Vergnügen!

 

1. Was sind Plagiate?

Als ein Plagiat gilt „die widerrechtliche Übernahme und Verbreitung von fremden Texten jeglicher Art und Form ohne Kenntlichmachung der Quelle. Dies gilt für alle Medien, d.h. Bücher, wissenschaftliche und andere Zeitschriften, Zeitungen und alle anderen Druckerzeugnisse sowie das Internet“ (Quelle).

Auf der simpelsten Ebene sind Plagiate demnach stets solche Textelemente, die fremde Arbeit als die eigene Leistung ausgeben. Wer also Sätze, Absätze oder ganze Seiten aus anderen Büchern, Webseiten oder anderen Erzeugnissen nimmt, ohne die eigentliche Herkunft sichtbar kenntlich zu machen, plagiiert.

Von elementarer Bedeutung hierbei ist das Verschleiern des Umstandes, dass die Textstelle aus einer anderen Quelle stammt und man sich, aus welchen Gründen auch immer, nicht darum bemüht hat, LeserInnen wissen zu lassen, wer Autor bzw. Autorin der Textstelle ist. Hierdurch macht man nicht nur LeserInnen etwas vor, sondern versagt gleichzeitig dem Schöpfer der fremden Leistung mögliche Anerkennung und heimst sie selbst ein.

Für manche Menschen, wie dieser Blogbeitrag zeigen wird, mag ein Plagiat nichts Außergewöhnliches sein, über das man sich echauffieren sollte, doch das deutsche Urhebergesetz sieht das glücklicherweise anders:

„§106 UrhG: Unerlaubte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke:

(1) Wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk oder eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt, wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.“ (Quelle)

An dieser Stelle mag man spitzfindig sagen, dass bei einem Plagiat kein ganzes Werk übernommen wird, aber auch hierzu hat das UrhG eine Antwort: „Wenn ein Werk oder ein Teil eines Werkes […] vervielfältigt wird, ist stets die Quelle deutlich anzugeben“ (§63 Abs. 1 UhrG, Quelle). Da nun die Frage im Raum steht, was wirklich als Werk angesehen werden kann, sei an der Stelle noch die Definition des Urhebergesetzes ergänzt: „Werke sind sinnlich wahrnehmbare und eigenschöpferische Gestaltungen von Ideen oder Inhalten (§2 Abs. 2, Quelle)

 

2. Wer toleriert sie?

Man sollte eigentlich vom gesunden Menschenverstand her davon ausgehen, dass derartiger Diebstahl fremden Eigentums kaum zu dulden sein kann und noch weniger von unterschiedlichen Personenkreisen im großen Feld der Literatur toleriert wird. Im Gegenteil: es sollte einen Zusammenschluss der Menschen geben, die sich mit Büchern und dem Schreiben von eben jenen Werken befassen, damit jemand, der sich mit fremden Federn schmückt, deutlichen Gegenwind bekommt. Doch leider wird man bei genauerer Recherche einer solchen romantisierten Vorstellung beraubt. Die Realität ist eine andere, wie nur einige der folgenden Beispiele zeigen werden:

 

AutorInnen!

Zuallererst sind hier natürlich jene AutorInnen zu nennen, die wissentlich abgeschrieben haben und für die es anscheinend völlig unverständlich ist, dass sie dafür kritisiert werden. Hier wäre beispielsweise die ”Autorin” Helene Hegemann zu nennen, die bei ihrem Buch “Axolotl Roadkill” nicht nur des Abschreibens überführt wurde, sondern es auch noch mit einer derartigen Arroganz verteidigt, sowie herunterspielte, dass es all jenen, die ihre Texte selber schreiben, übel aufstoßen müsste:

„[…] Vermutlich auch deshalb, weil jeder, der sich auf ein Gespräch mit mir vorbereitet, ja weiß, dass dieser Skandal ein Stück weit ungerechtfertigt war, wenn man sich die Menge anguckt oder die vermeintlich plagiierte Menge, um die es da ging. Es war ja damals, es war ja kein abgeschriebenes Buch oder so. Es waren zwei Seiten von 200, die sich zusammensetzten aus modifizierten Sätzen aus anderen Quellen. Und ja, genau, ich glaube, das ist, wenn man es rückblickend betrachtet, kein ganz so großes Drama, wie man damals mal vermutet hatte.” (Quelle)

Abgesehen davon, dass die Autorin hier behauptet, die Sätze modifiziert zu haben, während sie aber an anderer Stelle zugibt,  eine komplette Seite von dem Blogger “Airen” „regelrecht abgeschrieben” zu haben — und das mit der Begründung, er sei ein “großartiger Schriftsteller” (Quelle) —, wird deutlich, dass sie ihr Verhalten nicht bereut und es ihr an Unrechtsbewusstsein in der Sache fehlt. Mehr noch: sie versucht sich als Opfer zu inszenieren und hält die Kritik an ihr für unangemessen.

Ebenfalls ein zweifelhaftes Bild auf die eigenen Fehler besitzt die ”Autorin” Martina Gercke, die ihre Plagiate — wie sogar in ihrem Wikipedia-Artikel nachzulesen ist — damit rechtfertigt, die von anderen AutorInnen geschriebenen Textstellen lediglich als “Platzhalter” benutzt und dann vergessen zu haben (Quelle). Eine reichlich fadenscheinige Erklärung, zumal in der Zeit, in der sie Textstellen von anderen Autorinnen suchte, um sie als Platzhalter zu benutzen, die wundersamerweise auch noch in ihre Geschichten passten, lieber selbst hätte nachdenken und eigene Texte schreiben können. Auch hier mangelt es an Anstand und Reue.

Als drittes Beispiel sei der ”Autor” Tex Rubinowitz erwähnt, der zwar offen zugibt, sich in seinen Büchern von Wikipedia bedient und schamlos kopiert zu haben, das aber nur tat, um seine Bücher „wissenschaftlich [zu] unterfüttern“ (Quelle). Seltsamerweise befiel auch ihn die Vergesslichkeit, die Textstellen nachträglich zu ändern oder als Fremdmaterial zu kennzeichnen — ein anscheinend gängiges Motiv unter Plagiatoren.

 

Verlage!

Leider sind plagiierende AutorInnen nicht das ganze Problem, denn manchmal stehen sie auch mit Verlagen im Bunde, die einem solchen Treiben kein Einhalt gebieten, sondern es durch regelmäßige Veröffentlichungen sogar noch fördern. Einer dieser Verlage, die einen notorischen Plagiator unter Vertrag hält, ist der Aufbau-Verlag. Deren ”Autor” Tom Kummer ist bereits seit vielen Jahren als Abschreiber bekannt (Quelle) und erdreistet sich bei Veröffentlichung um Veröffentlichung, den Diebstahl von Textstellen anderer Autoren als seine Art von Montagetechnik zu rechtfertigen. Das ist in etwa so, als würden Menschen in den Supermarkt gehen, Lebensmittel stehlen und dann behaupten, das sei ihre Art Esstechnik, sonst schmecke es ihnen nicht.

Anstatt dass der Verlag nun aber hingeht und eine solche Skrupellosigkeit nicht länger unterstützt, zitiert Boersenblatt den Verlag aus seiner Stellungnahme: „Tom Kummer sei von seinem Verfahren nicht abzubringen” und „nichts wäre sinnloser, als einem Mann noch einmal Plagiate vorzuhalten, der schon mehrfach des Fälschens und Abschreibens überführt wurde” (Quelle). Eine mehr als zweifelhafte Auffassung von Rechtmäßigkeit.

Mehr noch: der Verlag sagt in jener Stellungnahme sogar, dass er selbst „es jedoch versäumt hat, die Quellen der direkten und indirekten Zitat [Anm.: vom Autor] nennen zu lassen […] diese werden in der nächsten Auflage kenntlich gemacht werden.“ Anstatt den Verkauf zu stoppen und sofort nachzubessern, um damit den AutorInnen Gerechtigkeit zukommen zu lassen, die die wahren Urheber der jeweiligen Sätze sind, muss leider erst die gesamte erste Auflage verkauft werden. Erneut: moralisch dubios. Wie man als Verlag eher damit hätte umgegangen werden sollen, wird der letzte Abschnitt dieses Blogbeitrages aufzeigen.

 

Presse!

Ein Großteil der Presse mag sich zwar zurecht gegen Plagiate aussprechen und ihre Entrüstung — wie man im Fall von Helene (“Es waren nur 2 Seiten abgeschrieben”) Hegemann gesehen hat — frei ausleben, aber wie zu erwarten war, gibt alleine das bereits einigen Figuren des Feuilletons die Grundlage, gegen den Strom zu schwimmen:

Bei der ZEIT und dem zuvor erwähnten Fall von Tex Rubinowitz ist der Schreiber Robin Detje der Meinung, das Aufregen über “Copy & Paste”, also das Kopieren & Einfügen fremder Inhalte, sei „eine Krankheit unserer Zeit. Sie beginnt mit der absurden Vorstellung, künstlerische, schöpferische Tätigkeit sei Arbeit” und beschreibt kreatives Schaffen kurz danach als “eine Schufterei jenseits der Grenzen unserer Arbeitswelt. Ein ständiges Fischen im Trüben, ein dauerndes Klauen und Rekombinieren” (Quelle). Detje verharmlost also das Plagiat und sieht die Schuld eher bei denen, die sich darüber aufregen, als jenen, die Textinhalte stehlen. Diese fragwürdige Erklärung kann er gerne mal im Bereich von Schulen, Wissenschaften und Universitäten probieren und sehen, auf wie viel Verständnis er verstoßen wird, wenn man ihm beim Abschreiben erwischt, und dann erklärt, dass nicht das Abschreiben das Problem ist, sondern das Aufregen darüber.

Wolfgang Tischler vom Literaturcafé zitiert zwei weitere Sichtweisen des Feuilletons auf Plagiate : zum einen den Kulturredakteur von Spiegel Online, Daniel Haas, der Plagiate alleine dadurch akzeptabel findet, dass selbst Thomas Mann „seine Passagen von anderen übernommen [habe]“ (Quelle). Sobald es also eine berühmte Person des öffentlichen Lebens tut, ist es für alle anderen ebenfalls in Ordnung und zu tolerieren. Nach derselben Logik dürften wir zum Beispiel alle Steuern hinterziehen, wie Uli Hoeneß es uns ja auch vorgemacht hat. Auch hier gilt: die Erklärung darf er gerne mal bei der Polizei und der Staatsanwaltschaft vorbringen und sehen, wie weit er da kommt.

Als Zweites nennt Tischler die damalige FAZ-Literaturkritikerin Felicitas von Lovenberg, die der Meinung ist „sich mehr oder weniger ungeniert bei anderen zu bedienen und das dann Inspiration zu nennen, ist die moderne Form der webbasierten Intertextualität” (Quelle). Allerdings spricht man von Intertextualität, wenn sich ein Text auf einen bereits vorher existierenden bezieht entweder indem er diesen zitiert, darauf anspielt oder ihn persifliert.

Hinter solchen direkten Verweisen steckt der Wunsch des Autors bzw. der Autorin ein anderes Werk wissentlich in den eigenen Text zu integrieren und sich darauf zu beziehen, sodass es entweder für alle LeserInnen (z.B. in Form eines direkten Zitates) ersichtlich ist oder etwas versteckt wird (Persiflage/Anspielung) und nur LeserInnen beider Werke den direkten Hinweis bemerken. In jedem Fall hat man als LeserIn die Möglichkeit, die Referenz als solche zu erkennen. Bei Plagiaten hingegen soll verschleiert werden, dass eine Textstelle lediglich geklaut wurde und sich möglichst gut in den eigenen Text eingliedern, sodass es eben niemand merkt.

Plagiate sind also kein Beispiel von Intertextualität; diese Form des Herunterspielens der Brisanz ergibt daher an dieser Stelle keinen Sinn und ist der Debatte nicht förderlich. Im Gegenteil: indem man sie linguistisch mit solchen Texten gleichsetzt, die sich um ein Erkennen der Referenz bemühen, fördert man die Toleranz Plagiaten gegenüber und sieht sie nicht als das an, was sie nun einmal sind: Diebstahl geistigen Eigentums.

 

Literaturveranstaltungen!

Wenn sich schon AutorInnen, Verlage und manche Pressevertreter bemühen, Plagiate als ein Bagatelldelikt darzustellen, dem man kaum eine Beachtung schenken sollte, ist es wenig verwunderlich, dass auch vereinzelte Literaturveranstaltungen ebenfalls in diesen miefenden Sumpf springen. Das jüngste Beispiel war die im Mai 2017 abgehaltene LoveLetter Convention, die nicht nur in ihrem Newsletter voller Stolz davon sprach, die eben bereits genannte Plagiatorin Martina (“Das waren Platzhalter”) Gercke würde zur LLC kommen, sondern sie auch noch auf die Bühne neben echten Autorinnen setzte und ihr die Rolle einer Expertin gab. Dies blieb zunächst in den sozialen Kanälen unentdeckt, bis sie aber einige BloggerInnen erkannten und (u.a. hier und hier) ihrem Ärger über diese Dreistigkeit der LoveLetter Convention Luft machten. Die Convention hat übrigens auf die Vorwürfe bisher nicht reagiert.

 

LeserInnen!

Zu guter Letzt sind natürlich auch LeserInnen an der Problematik beteiligt. Hiermit sind aber nicht all jene gemeint, die unwissentlich und in freudiger Erwartung zu einem der Bücher der Plagiatoren greifen. Diese Gruppierung an LeserInnen trifft keinerlei Schuld, denn es ist nicht die Aufgabe von LeserInnen sich bei jedem neuen Kauf vorher zu informieren, ob und inwieweit der Autor bzw. die Autorin Dreck am Stecken hat.

Vielmehr bezieht sich die Kritik auf diejenigen, die wissentlich zu den Büchern greifen und denen es gleichgültig ist, dass nicht jedes Wort und jeder Satz aus der Feder des Namensträgers stammen, der vorne auf dem Buchcover steht. Diese Gruppierung unterstützt und fördert die Existenz von Plagiaten aktiv, indem sie kein deutliches Signal an die AutorInnen und Verlage senden und Bücher mit Plagiaten nicht mehr zu kaufen. Schlimmer noch: einzelne von ihnen maßen sich sogar an, Partei für den Plagiator bzw. die Plagiatorin ergreifen zu wollen, indem sie die Botschaft vorantreiben, Stehlen geistigen Eigentums anderer sei nicht so schlimm und man solle sich nicht so anstellen.

 

3. Warum ist das ein Problem?

 

 

Verharmlosung von Plagiaten!

Wenn Teile der AutorInnen, Verlage, Presse, Literaturveranstaltungen und der Leserschaft schon der Meinung sind, es sei in Ordnung, sich mit fremden Federn zu schmücken und noch nicht einmal ein Unrechtsbewusstsein zu besitzen, dass man damit gegen das Urheberrecht verstößt, werden Plagiate in ihrer Brisanz reduziert. Es findet eine auf mehreren Säulen stehende Bagatellisierung statt, die aus einem Nutzung fremden Eigentums — und der anschließenden Bereicherung ohne jede Form von Beteiligung — eine Art Jugendsünde machen will, um das eigene Verhalten zu rechtfertigen.

Bekommt man in der Schule noch beigebracht, nicht vom Nachbarn abzuschreiben oder man würde eine 6 bekommen, erhält man in der Universität die strenge Weisung, die eigene Leistung von fremden Gedanken/Interpretationen deutlich durch Zitate und Quellenangaben zu trennen, führt ein Herunterspielen von Plagiaten in der Literatur dazu, jenes Verhalten noch weiter zu verbreiten und eine Akzeptanz zu erzwingen, die in anderen Bereichen nicht gegeben ist, wie die ehemaligen Bundesminister Theodor zu Guttenberg und Anette Schavan bestätigen können.

 

Entwertung der Arbeit anständiger AutorInnen!

AutorInnen überall auf der Welt bemühen sich, ihren LeserInnen ein unvergessliches und einmaliges Erlebnis mit ihren Büchern zu bieten. Hierbei durchqueren sie viele Tiefen wie Schreibblockaden, Plot-Einbahnstraßen, dutzende Stunden, in denen man sich überlegt, wie die Geschichte und die Figuren agieren könnten und nicht zuletzt hinterfragt man sich selbst und die eigenen Qualitäten unzählige Male. Hinzu kommt die Beschäftigung mit der Logik der Figuren, der Dialoge und den Entwicklungen innerhalb der Handlung, zahlreiche Umformungen von Sätzen und ein starkes Bemühen, den Text sprachlich möglichst den eigenen Anforderungen entsprechend gestalten zu können.

Alle diese Dinge können tendenziell von Plagiatoren beeinflusst und die damit verbundenen Anstrengungen übersprungen werden, indem sie sich bei anderen Texten von AutorInnen bedienen, die eben jene Anstrengung vollbracht haben. Unterstützt man diese Art von Vorgehensweise auch noch von Seiten des Verlages oder der Presse, gibt man das bedenkliche Signal, dass die eigenständige Schöpfung eines Textes kaum mehr eine Relevanz besitzt und öffnet einer Zukunft Tür und Tor, in der es ein automatischer Impuls ist, Textstellen, die man selbst nicht formulieren kann, ohne zu zögern von besseren AutorInnen zu nehmen und sich selbst dafür feiern zu lassen.

 

Geld verdienen andere!

Wer die literarischen Leistungen anderer als die eigene ausgibt, selbst wenn es nur einige Sätze und Abschnitte sein mögen, hat den eigenen Text letztendlich nur durch den Diebstahl fremder Erzeugnisse fertigstellen und dann verkaufen können. Plagiatoren sind also durch die Verwendung von gestohlenen Textstellen in der Lage, Geld zu verdienen und da sie bereits nicht willens waren, die Quellen zu nennen, ist es unwahrscheinlich, dass sie die richtigen AutorInnen am Gewinn der Verkäufe beteiligen. Es ist im Grunde vergleichbar mit einer großen Bäckerei, die besondere Teigwaren anbietet: Plagiatoren stehlen diese, fügen sie dem eigenen Sortiment zu und weigern sich, die ursprünglichen Schöpfer zu beteiligen.

Dabei wäre es nur fair, wenn man einmal das Beispiel von Helene Hegemann nimmt, die sagte, 2 von 200 Seiten seien abgeschrieben, wenn mind 1% der Einnahmen auch an die AutorInnen gehen, die von ihr bestohlen wurden. Je erfolgreicher das Buch, umso höher die Beteiligung. Doch das ist leider reine Utopie.

 

Täuschung der LeserInnen!

AbschreiberInnen, die sich ungefragt Sätze und teilweise ganze Abschnitte von AutorInnen nehmen, ohne aktiv darauf hinzuweisen, dass der dargestellte Teil aus einer anderen Feder stammt, begehen eine Täuschung an ihren LeserInnen. Es ist schlichtweg eine Lüge, die vom Plagiator bzw. der Plagiatorin aufgetischt wird, zumal man das Vertrauen von LeserInnen ausnutzt, die mit einer solchen Täuschung nicht rechnen können.

Das ist insbesondere deswegen verwerflich, weil sich jede gestohlene Textstelle vom Rest des Textes unterscheiden muss  — sonst hätte die AbschreiberInnen es ja selbst gekonnt — sei es durch eine besondere Qualität oder einen außergewöhnlichen Einfallsreichtum. Dies wiederum würde zum Lob von den LeserInnen führen, das aber an die falsche Person geht, nämlich nicht an den tatsächlichen Schöpfer bzw. die Schöpferin der Worte, sondern an einen Scharlatan. Das ist von der Grundstruktur vergleichbar mit einem musikalischen Lieblingskünstler, dem man zujubelt, obwohl die Person gar nicht selbst für die Musik verantwortlich war ähnlich wie bei Milli Vanilli 1990.

 

4. Was also tun?

 

Zitieren! 

Die einfachste Lösung, Plagiaten sowohl als Autor als auch als Verlag zu entkommen, liegt darin, sich beim Schreiben bereits Notizen darüber zu machen, welche Inhalte man von anderen Seiten — beispielsweise bei einer Recherche — benutzt hat und diese dann rechtmäßig zu zitieren. Auf diese Weise entsteht gar nicht erst der peinliche Umstand, von LeserInnen enttarnt zu werden und dann zugeben zu müssen, dass man abgeschrieben hat.

Sollte man nicht wissen, wie man vernünftig und richtig zitiert, bietet das Internet eine Reihe an Seiten, die eben das sehr simpel erklären, sodass niemand behaupten kann, man hätte es nicht gewusst.

 

Deutlicher Protest!

In der heutigen Zeit hat man durch soziale Medien die Möglichkeit, nicht nur Gleichgesinnte zu finden, sondern auch in direkten Kontakt miteinander zu treten. Dies lässt sich nutzen, um sowohl AutorInnen als auch die dazugehörige Verlage, Literaturveranstaltungen und Pressevertreter darauf hinzuweisen, dass Plagiate keineswegs etwas sind, das man tolerieren und dadurch fördern sollte.Natürlich sollte es selbstverständlich sein, Urheberrechtsverletzungen nicht zu tolerieren, aber wie Punkt 2 dargestellt hat, ist diese Form des Unrechtsbewusstseins nicht bei allen Vertretern der Literaturbranche vorhanden und da wird ein Aufrütteln und Hinweisen auf die Problematik sicher helfen.

Die Rede ist hierbei nicht von einer Hexenjagd, sondern einer respektvollen und auf Augenhöhe geführten Unterhaltung zwischen denen, die für das Plagiat und die Veröffentlichung des Buches verantwortlich sind, den AutorInnen, die bestohlen wurden, und den LeserInnen, die man an der Nase herumführen wollte.

 

Mit dem Geldbeutel entscheiden!

Als LeserIn hat man eine besondere Macht, die von AutorInnen gleichsam wie von Verlagen gefürchtet wird: die Entscheidung, ein Produkt nicht zu kaufen. Entschließen sich LeserInnen in großer Zahl, die Bücher mit nachgewiesenen Plagiaten nicht mehr zu erwerben, wird zwangsläufig ein Umdenken bei AutorInnen und Verlagen stattfinden, da sie letztendlich ein großes Interesse daran haben, möglichst viele Bücher über die Ladentische wandern zu sehen. Insbesondere in Kombination mit der deutlichen Botschaft aus dem zuvor genannten Punkt ergibt sich ein Konstrukt, das in seiner Kraft und dem Veränderungspotential nicht zu unterschätzen ist.

 

Verlage müssen reagieren!

Unter den Verlagen gibt es, ebenso wie unter den AutorInnen und den Pressevertretern, nicht nur schwarze Schafe. Ganz im Gegenteil: Verlage haben schon ganz hervorragende Reaktionen auf die Entdeckung gezeigt, dass eine(r) ihrer AutorInnen abgeschrieben hat.

Da wäre zum Beispiel der C. H. Beck -Verlag zu nennen, der die Auslieferung der Bücher sofort stoppte, als die Vorwürfe gegen ihre Autoren Arne Karsten & Olaf Rader geprüft und für wahr befunden wurden und man versprach, die Bücher erst wieder zu verkaufen, sobald alle Quellen angegeben wurden. Hervorragend!  (Quelle)

Man erinnere sich zum Vergleich an dieser Stelle an den vorhin erwähnten Aufbau-Verlag, der erst ein aller Ruhe die erste komplette Auflage verkaufen wollte, bevor sie die Quellen hinzufügen und das obwohl sie vorher wussten, dass ihr Autor ein notorischer Plagiator ist und somit auch in dem Buch wieder gestohlene Textfragmente vorhanden sein würden. Pures Kalkül.

Ebenfalls lobenswert zu erwähnen ist Impress (Digitalsparte des Carlsen-Verlags), der sich gegen das schnelle Geld entschied und den Vertrag mit der Plagiatorin Hanna N. Heitmeyer — ”Autorin” von „Boys Next Door” — auflöste, obwohl man zugab „sie hat einen großen Namen, verkauft sich glänzend” (Quelle). Ähnlich reagierten auch die Verlage, die mit der bereits genannten Martina (“Platzhalter”) Gercke zusammenarbeiteten, indem sie zum einen die Lieferung der Bücher stoppten und sowohl der eigene Verlag als auch der Verlag des Buches, aus dem sie abgeschrieben hat, Schadenersatz von ihr forderten (Quelle).

 

Anstand entwickeln & Reue zeigen!

Wer sich fremden Eigentums bedient, sei es geistig oder nicht, erdreistet es sich, etwas vermeintlich in seinen Besitz übergehen zu lassen, das einem nicht gehört — so simpel es sich anhört, so schwer scheint es für manche begreiflich. Dies ist moralisch auf jeder Ebene und zu jedem Zeitpunkt verwerflich.

Sollte es zumindest für uns alle sein, denn auch wenn es nicht immer zu rechtlichen Konsequenzen kommt, sollte der eigene Anstand einem sagen, dass es Unrecht ist, die Sätze und Abschnitte anderer Menschen für eigene auszugeben. Lieber sollte man dafür Sorge tragen, dass man entweder selbst alle Inhalte des eigenen Buches erdacht hat — so wie es tausende rechtschaffene AutorInnen bereits machen — oder man wenigstens dem Schöpfer bzw. der Schöpferin Respekt zollt und sie erwähnt. Diese Form des Anstands ist etwas, das bei allen AutorInnen existieren muss.

Ist man aber des Plagiats überführt worden, ist es ratsam, sich eben nicht so wie die zu Beginn dieses Blogbeitrages erwähnten ”AutorInnen” rauszureden und nach einer Rechtfertigung zu suchen. Vielmehr sollte man Reue zeigen, klar machen, dass man einen Fehler gemacht hat und sich dessen Reichweite bewusst ist, sowie schlussendlich daraus lernen. Plagiate sind selbstverständlich kein Grund für öffentliche “Hinrichtungen” und Hetzkampagnen, aber je arroganter und uneinsichtiger man sich verhält, umso weniger werden LeserInnen und andere AutorInnen bereit sein, eine zweite Chance zu geben.

Wie man es richtig macht zeigen z.B. Ralf Döblin, der auf seiner Homepage klar formuliert: „Für die Fehler übernehme ich volle Verantwortung” (Quelle) oder auch Katja Piel, die nach einer langen Diskussion schlussendlich öffentlich äußert: „Heute teile ich euch mit, dass die Romane ,Alles begann mit dir’ und ,DasAmulett in mir’ tatsächlich abgeschriebene Bücher sind. Ich werde die Links an den Verlag weitergeben, damit er es prüfen kann und mit allen Konsequenzen leben. Egal, wie der Verlag reagiert, die Einnahmen gehen entweder an den Verlag/die Autoren oder ich spende den Betrag. Bitte verzeiht mir” (Quelle). Eine solche Entschuldigung und öffentliches Eingestehen, plagiiert zu haben, sorgt dafür, dass ein Teil des verlorenen Vertrauens wieder zurückerlangt wird und sollten die nachfolgenden Werk frei von Plagiaten sein, eine Rehabilitierung des eigenen Rufes stattfinden kann.

Ob dies allerdings gelingt und ob LeserInnen, sowie Autoren-KollegInnen vergeben und vergessen können, obliegt nicht und niemals dem Plagiator bzw. der Plagiatorin. Nicht sie sind es, die bestimmen können, wann es mal gut sei, wie es z.B. der überführte Plagiator zu Guttenberg es im Moment macht (Quelle).

Einzig und allein jeder von uns kann darüber entscheiden, ob und inwieweit sich “AutorInnen”, die bei anderen Menschen abgeschrieben haben, wieder genug Respekt erarbeitet haben, dass man ihnen das Plagiat nicht mehr länger nachträgt.

 

5. Fazit

Alle AutorInnen, LeserInnen, Literaturveranstaltungen, Verlage und Pressevertreter täten gut daran, sich deutlich gegen die Nutzung von Plagiaten zu stellen und diese keinesfalls zu verharmlosen. Eine Förderung der Diebstahl-Kultur, indem man sich entweder weigert das Stehlen und den Missbrauch fremder Leistung auch so zu benennen, es durch mangelnden Handlungswillen aufgrund von finanziellem Kalkül noch zu dulden oder als einen Lausbubenstreich herunterzuspielen, führt nur zu dreierlei: einer Entwertung des geistigen Eigentums von uns AutorInnen, einer Vermehrung von Plagiaten, sowie einer Verunsicherung bei LeserInnen, die eventuell am Ende dieser Entwicklung hinter jedem gut geschriebenen Abschnitt ein Plagiat vermuten, ähnlich wie Aluhutträger &  Chemtrails-Anhängern hinter jedem Fakt eine Fake News sehen.

Lasst uns gemeinsam antreten und diesen Sittenverfall nicht derart weit kommen lassen, dass wir Literatur demnächst in erster Linie danach überprüfen und lesen, ob jede Zeile wahrlich vom Autor bzw. der Autorin geschrieben wurde und sie demnach echt ist, anstatt unser Augenmerk weiterhin darauf zu legen, was sie mit uns macht und wie sie uns berührt. Literatur sollte kein Objekt sein, das man unter dem Mikroskop auf seiner schreiberische Herkunft untersuchen muss. Sie sollte uns begeistern, fesseln, rühren, unseren Horizont erweitern und vor allem eines: uns in unserer Lesebegeisterung vereinen.

Daher der klare Aufruf:

Keine Toleranz den Plagiaten!

 

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5 thoughts on “Warum Plagiate nicht toleriert werden dürfen!”

  1. Lieber Sven, ich danke dir sehr für deine deutlichen Worte in der Sache! Das ist ein Thema, das mir regelmäßig sauer aufstößt. 😉

    Das betrifft vor allem die Verharmlosung, die du zu recht anprangerst. Sei es, dass man in der Unterhaltungsliteratur meint, irgendwann wächst da schon Gras drüber, die Leute merken sich nicht den Namen, oder E-Literatur-Verlage den Schaden einzudämmen versuchen, indem man Plagiate plötzlich als diskutierbar oder gar “Kunstgriffe” darstellt.

    Wobei ich es noch am Schlimmsten finde, wenn Autor_innen die Sache verteidigen. Neulich sah ich, wie sich ein Autor auf Facebook über “schreibfair” echauffierte, die ja Misstände im Verlagswesen, unter anderem auch Plagiator_innen zur Anzeige bringen. Wortlaut: Er wundere sich, dass noch keiner der (überführten) Textklauenden die Organisation wegen Rufmord angezeigt hätte. Auf meine verständnislosen Worte hin, dass er doch froh sein könne, wenn sich eine Organisation für seine Rechte einsetzt (und Rufmord dadurch definiert ist, dass man FALSCHE Tatsachen über jemanden verbreitet und nicht tatsächlich geschehene Verbrechen mit Beweismitteln aka Zitatenvergleich), schimpfte er weiterhin.

    Entsprechend kann es nicht genug Artikel wie deinen geben, die mal die Tatsachen klarstellen. Ich bin sonst kein Fan von Namensnennung, rechne es dir in diesem Fall aber hoch an. Die meisten Genannten sind ja Wiederholungstäter, die mitunter darauf bauen, dass man ihre “Fehler” einfach vergisst. Dabei sind Konsequenzen sehr wichtig in einer Zeit, in der es durch das Internet geistigen Diebstahl ohnehin zuhauf gibt. Die europäischen Autor_innen haben nicht jahrhundertelang für ein Urheberrecht gekämpft, damit wir es jetzt mit Füßen treten lassen.

    1. Liebe Nora, ich bin da ganz bei dir! Immer wieder sehe ich solche Plagiatsgeschichten durch die Presse geistern und es fällt mir jedes Mal schwer, nicht den Glauben an Recht und Unrecht zu verlieren. Insbesondere dann, wenn Plagiatoren wie Helene Hegemann auch noch mit einem Filmvertrag belohnt werden für ihr Rechtsbrüche oder PlagiatsverharmloserInnen wie Felicitas von Lovenberg nun beim Buchblog-Award in der Jury sitzt. Das ist für mich das völlig falsche Signal.
      Solche Leute, wie du einen leider auf FB begegnet bist, bringen mich nur zum verständnislosen Kopfschütteln. Da fehlt jeder Bezug zur Realität und da ist auch fraglich, ob der Geisteszustand noch ein Unrechtsbewusstsein zulässt…
      Ich bin immer dafür, Namen zu nennen, solange man alles stichfest beweisen kann:) Ich hasse die Idee vom Täterschutz und bin der Ansicht, wenn man schon die Dreistigkeit besaß, von anderen AutorInnen zu stehlen, muss man auch mit den Konsequenzen leben und die sind nun einmal, als PlagiatorIn bekannt zu sein. Wer das nicht will, soll schlichtweg nicht abschreiben oder das Abgeschriebene kennzeichnen. So schwer ist es nicht. Danke dir für deinen tollen Kommentar :)!

  2. Ausgezeichneter Artikel!

    Ich kann dazu nur meinen (eigenen) Reim wiederholen, den ich seit dem Bekanntwerden der ersten Plagiatsfälle skandiere, die übrigens in nichts den abgeschriebenen Doktorarbeiten von Guttenberg & Co. nachstehen:

    Keiner haut mehr in die Taste
    Denn es gibt doch Copy – Paste!

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